06.06.2024
Amtliche Bekanntmachung
Allgemeinverfügung über die Ausweisung einer Sperrzone für das Mitbringen und den Verzehr mitgebrachter alkoholischer Getränke anlässlich des Spargelfestes 2024 in Lampertheim
Gemäß §§ 1, 2, 5, 6, 11, 32, 40, 47, 48, 52 des Hessischen Gesetzes über die öffentliche Sicherheit und Ordnung (HSOG) und §§ 1, 28 Abs. 2 Nr. 4, 35 und 41 Abs. 3 S. 2 Hess. Verwaltungsverfahrensgesetzes (HVwVfG), jeweils in der geltenden Fassung, erlässt der Magistrat der Stadt Lampertheim nachstehende
Allgemeinverfügung
1. Allen Personen, die sich in dem nachfolgend beschriebenen Bereich aufhalten, wird das Mitbringen und der Verzehr mitgebrachter alkoholischer Getränke in der Öffentlichkeit in der Zeit vom
Freitag 07.06.2024, 14.00 Uhr bis Montag 09.06.2024, 06.00 Uhr
untersagt.
Der Bereich ist wie folgt begrenzt:
Römerstraße von Haus Nr. 80 bis Haus Nr. 114, Kaiserstraße von Römerstraße bis Bürstädter Straße, Wilhelmstraße (nord-westliche Seite) von Kaiserstraße bis Eleonorenstraße, Eleonorenstraße von Wilhelmstraße bis Martin-Kärcher-Straße, Martin-Kärcher-Straße von Eleonorenstraße bis Ernst-Ludwig-Straße, Ernst-Ludwig-Straße von Bürstädter Straße bis Bahnhof, Ringstraße von Ernst-Ludwig-Straße bis Alicestraße, Alicestraße von Ringstraße bis Bürstädter Straße, Emilienstraße von Bürstädter Straße bis Wilhelmstraße, Wilhelmstraße von Emilienstraße bis Domgasse, Domgasse von Wilhelmstraße bis Römerstraße.
2. Bei Zuwiderhandlung gegen Ziffer 1 wird ein Platzverweis erteilt und ggf. Gewahrsam durchgeführt. Ebenso werden die mitgeführten alkoholischen Getränke beschlagnahmt und vernichtet.
Hierzu kann unmittelbarer Zwang, der hiermit angedroht wird, angewandt werden.
3. Die sofortige Vollziehung der Ziffer 1 der Allgemeinverfügung wird angeordnet.
Diese Verfügung gilt gemäß § 41 Abs. 4 Satz 4 VwVfG mit dem auf die Bekanntmachung folgenden Tag als bekanntgegeben.
Begründung:
1. Sachverhalt
Vom 07.06.2024 bis 09.06.2024 findet das Lampertheimer Spargelfest statt.
Die Problematik von Alkoholexzessen bei solchen Veranstaltungen und den damit verbundenen Folgeerscheinungen (Sachbeschädigung, Gewaltdelikte) sind ein hinreichend und ernst zu nehmendes Thema.
So mussten in der Vergangenheit immer wieder Personen, besonders Jugendliche, auf Grund ihres Alkoholkonsums vom Sanitätsdienst versorgt und teilweise in Krankenhäuser eingeliefert werden. Auch kam es zu alkoholbedingten Ausschreitungen gegenüber Bürgern und den Ordnungskräften sowie zu Sachbeschädigungen. Das Spargelfest wurde zum Anlass genommen, sich außerhalb der einzelnen Stände mit mitgebrachten und teilweise selbst gemischten alkoholischen Getränken im Übermaß zu betrinken, wobei auch eine stetig wachsende Gewaltbereitschaft auffällig war. Körperliche Auseinandersetzungen konnten dabei nur durch entsprechenden Polizeieinsatz unterbunden werden. Auch die Erteilung von Platzverweisen zeigte Wirkung.
Von dem Hintergrund dieser Entwicklung, die in den letzten Jahren zwar stagniert, aber immer noch vorhanden ist, muss daher befürchtet werden, dass auch in diesem Jahr wieder zahlreiche Festbesucher sich mit mitgebrachten alkoholischen Getränken betrinken, in Folge muss dann auch wieder mit dem Ausbruch körperlicher Gewalt gerechnet werden. Somit ist mit erheblichen Gefahren und Störungen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung durch alkoholbedingtes, unkontrolliertes und aggressives Verhalten zu rechnen.
Daher ist der Erlass dieser Allgemeinverfügung für die Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung sowie die Sicherheit der Besucher die einzig gangbare Lösung zur Bewältigung des beschriebenen Problems.
2. Rechtliche Begründung
Gemäß § 11 des Hessisches Gesetzes über die öffentliche Sicherheit und Ordnung (HSOG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 29.06.2023 (GVBl. S. 456, 471), können die Ordnungsbehörden die notwendigen Maßnahmen treffen, um eine im einzelnen Fall bestehende Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung (Gefahr) abzuwehren.
Eine so beschriebene Gefahr ist eine Sachlage, bei der die hinreichende Wahrscheinlichkeit besteht, dass in absehbarer Zeit ein Schaden für die öffentliche Sicherheit entsteht. Die öffentliche Sicherheit umfasst die Einhaltung der Rechtsordnung sowie den Schutz von Individualrechtsgütern Dritter. Die öffentliche Sicherheit ist gefährdet, wenn wie oben geschildert strafrechtliche oder ordnungsrechtliche Vorschriften verletzt werden. Darüber hinaus können Gefahren für andere Personen entstehen, z. B. durch Körperverletzungen, zudem kann es zu erheblichen Sachbeschädigungen kommen.
Die öffentliche Sicherheit ist durch die drohenden Straftaten, die im Zusammenhang mit dem Konsum und Mitführen von alkoholhaltigen Getränken begangen werden, beeinträchtigt. Betroffenes Schutzgut der öffentlichen Sicherheit ist hier insbesondere die Gesundheit der mehreren hundert Anwohner der umliegenden Straßen als subjektives Recht des Einzelnen, und hier wiederum vorrangig ihr Recht auf Nachtruhe und ungestörtes Verweilen in der Innenstadt. Mit der menschlichen Gesundheit ist somit ein hochrangiges Schutzgut betroffen, so dass zur Bejahung einer Gefahr bereits eine mehr als nur geringfügige Wahrscheinlichkeit eines Schadenseintritts ausreicht. Eine solche Wahrscheinlichkeit weiterer Störungen ohne Erlass dieser Allgemeinverfügung ist hier zu bejahen. Denn die aufgetretenen Störungen begannen bereits in den Vorjahren, und traten verstärkt in den Frühlings- und Sommermonaten auf.
Dabei kann zwar nicht ausgeschlossen werden, dass der Konsum des Alkohols zuvor auch anderweitig, etwa zu Hause oder in Gaststätten, erfolgt ist. Ein wesentlicher Teil wird aber jedenfalls erst vor Ort konsumiert. Dies ergibt sich schon aus den entsprechenden Angaben der Anwohnerbeschwerden und der Feststellungen von Ordnungsbehörde und Polizei. Dass der Alkohol vor Ort verzehrt wird, zeigt darüber hinaus auch die Vielzahl der dort zurückgelassenen Glasflaschen und Glasscherben nach fast jeder Nacht. Soweit diese nicht von den Betroffenen mitgenommen werden, sondern zerbrochen sind, mussten die technischen Betriebsdienste die Festmeile täglich (einschließlich sonntags) “von Hand“ reinigen.
Schließlich besteht vorliegend auch der Zusammenhang zwischen dem verbotenen Alkoholkonsum in der Öffentlichkeit und den zuvor beschriebenen Störungen der öffentlichen Sicherheit. Bei den Störungen, die durch Erbrechen oder Urinieren eintreten, liegt dies auf der Hand. Zumindest mitursächlich für ein entsprechendes "Entleerungsbedürfnis" ist die Alkoholaufnahme.
Anders als durch eine alkoholbedingte Enthemmung sind nach der Lebenserfahrung auch die regelmäßigen "sinnlosen" Vandalismus-Schäden in Form von zerbrochenen Flaschen, beschädigten Fahrrädern und Fensterscheiben, umgestoßenen Verkehrsschildern, entleerten Abfalleimern und Abfallsäcken oder ausgerissenen Blumen ebenso wenig zu erklären wie die Beleidigungen und Bedrohungen gegenüber sich beschwerenden Anwohnern.
Schließlich spricht nicht nur die Lebenserfahrung, sondern sprechen auch die Berichte der Polizei und der Anwohner dafür, dass das öffentliche Feiern des sich in der Innenstadt aufhaltenden Publikums nicht still, sondern auch bedingt durch den dort aufgenommen Alkohol lautstark vor sich geht. In welchem Ausmaß schließlich die wiederkehrend auftretenden sonstigen Störungen etwa in Form von Körperverletzungen, die nach den Polizeiangaben überwiegend von alkoholisierten Personen begangen worden sind, auf den Alkoholkonsum in der Öffentlichkeit zurückgehen, kann deshalb offenbleiben.
Bereits die vorgenannten Störungen reichen zur massiven Beeinträchtigung des gedeihlichen Zusammenlebens und der Nachtruhe sowie der objektiven Verunsicherung der Anwohner und der übrigen Bevölkerung aus. Diese Annahme wird indiziell durch die Erfahrungen nach dem Inkrafttreten der Allgemeinverfügung aus den Vorjahren bestätigt, und zwar nicht nur von der Verwaltung, sondern auch von Anwohnern und der Polizei. Danach sind nicht nur das Urinieren und Erbrechen, sondern auch der Lärm sowie die Zahl der Straftaten nach Erlass der vorjährigen Allgemeinverfügung deutlich zurückgegangen.
Ziel eines angeordneten Alkoholverbots auf öffentlichen Plätzen ist einerseits die Verhinderung von Beschädigungen und Verunreinigungen; andererseits sollen Benutzer der öffentlichen Anlagen, insbesondere Kinder und ältere Menschen vor Gefährdungen oder Belästigungen durch das Verhalten von alkoholisierten Personen geschützt werden. Alkoholisierte Personen in den oben genannten Bereichen stellen aus diesen Gründen eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit dar.
Der Erlass dieser Allgemeinverfügung ist notwendig, weil die Regelungen der Gefahrenabwehrverordnung über die Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung im Gebiet der Stadt Lampertheim, mit Ausnahme des Alkoholverbotes auf Kinderspiel-, Bolz- und Skaterplätzen, keine Normen zu einem Alkoholverbot auf einzelnen öffentlichen Plätzen enthält.
Die Verfügung kann gemäß § 35 Satz 2 des Verwaltungsverfahrensgesetzes als Allgemeinverfügung ergehen. Eine Einzelverfügung kann nicht an einen generell Verantwortlichen gerichtet werden, so dass nur die gewählte Form der Allgemeinverfügung bleibt, d. h. eines Verwaltungsaktes, der sich an einen nach allgemeinen Merkmalen bestimmten oder bestimmbaren Personenkreis richtet. Dabei sind der bestimmte oder bestimmbare Personenkreis in diesem Fall alle die Personen, die mit alkoholischen Getränken den Geltungsbereich aufsuchen. Durch das Alkoholverbot wird gewährleistet, dass sich die Anzahl alkoholisierter Personen im Geltungsbereich vermindert. Auf diesem Wege sollen die Belästigungen und die Gefährdungen von Personen vermieden und verhindert werden.
Es handelt sich hierbei um das geeignete, erforderliche und verhältnismäßige Mittel, um die Allgemeinverfügung über die Ausweisung einer Sperrzone für das Mitbringen und den Verzehr mitgebrachter alkoholischer Getränke anlässlich des Spargelfestes 2024 von alkoholisierten Personen ausgehenden Gefahren für die öffentliche Sicherheit abzuwehren. Das Verbot ist auf Grund des zuvor bejahten Zusammenhangs zwischen dem nunmehr verbotenen Alkoholkonsum und insbesondere den zu bekämpfenden alkoholbedingten Ordnungswidrigkeiten nach §§ 117, 118 OWiG sowie der dadurch bedingten Gesundheitsbeeinträchtigung der Anwohner zu deren Schutz geeignet.
Ein milderes, aber gleich wirksames Mittel zur gebotenen Beruhigung der Situation auf der Festmeile ist nicht gegeben, wie sich schon aus der wiedergegebenen ausführlichen Begründung dieser Allgemeinverfügung hinsichtlich der insoweit vergeblichen vorherigen Bemühungen ergibt. Schließlich ist das Alkoholverbot auch angemessen und beschränkt die Betroffenen nicht unzumutbar in ihrem Recht auf allgemeine Handlungsfreiheit nach Art. 2 Abs. 1 GG.
Der Eingriff ist insoweit nur geringfügig, da den Betroffenen nur an einem eng begrenzten Ort für eine befristete Zeit die Möglichkeit zum Alkoholkonsum in der Öffentlichkeit genommen wird und die Verbotszone auch objektiv keine Besonderheiten aufweist, auf Grund deren ein Aufenthalt gerade dort unersetzbar wäre. Demgegenüber wiegt der nach Art. 2 Abs. 2 GG gewährleistete Schutz der Gesundheit der über mehrere hundert Anwohner schwerer.
Zur Wahrung der Verhältnismäßigkeit besteht zudem im Einzelfall die Möglichkeit, gemäß dieser Allgemeinverfügung Ausnahmen vom Alkoholkonsumverbot zu bewilligen.
3. Zuwiderhandlungen
Entsprechend § 31 Abs. 1 des Hessischen Gesetzes über die öffentliche Sicherheit und Ordnung können Platzverweise und Aufenthaltsverbote ausgesprochen werden. Zuwiderhandlungen gegen diese Verfügung können mit einem Bußgeld bis zu 1.000,00 Euro geahndet werden. Für das Verfahren und die Höhe der Geldbuße gelten die Vorschriften des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten in der Fassung der Bekanntmachung vom 19. Februar 1987 (BGBl. I S. 602) in der jeweils gültigen Fassung.
Die in Ziffer 2 dieser Allgemeinverfügung ausgesprochene Untersagung für das Mitbringen und den Verzehr mitgebrachter alkoholischer Getränke innerhalb der beschriebenen Bereiche sowie die angedrohten Zwangsmittel nach den Bestimmungen des HSOG entsprechen dem Grundsatz des geringsten Eingriffes und der Verhältnismäßigkeit und sind vor dem Hintergrund der Erfahrungen der letzten Jahre dringend geboten und erforderlich.
4. Anordnung der sofortigen Vollziehung
Gem. § 80 Abs. 2 Ziffer 4 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) wird die sofortige Vollziehung dieser Verfügung angeordnet. Das bedeutet, dass auch ein eventuell eingelegter Rechtsbehelf nicht von der Verpflichtung entbindet, die verfügten Auflagen sofort zu befolgen. Vor allem die hohe Wahrscheinlichkeit, dass weitere Störungen unter den dargelegten Umständen neuerlich begangen werden, zwingt zu sofortigem Handeln. Es liegt somit im dringenden öffentlichen Interesse, dass durch das Einlegen von offensichtlich unbegründeten Rechtsmitteln die Durchsetzbarkeit der verfügten Auflagen nicht auf unbestimmte Zeit hinausgeschoben wird.
Die Gefahr, die von alkoholisierten Personen in den genannten Bereichen ausgeht, ist höher einzuschätzen als persönliche Interessen an der aufschiebenden Wirkung eines eingelegten Rechtsmittels.
Rechtsbehelfsbelehrung
Gegen diese Verfügung kann innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe Widerspruch erhoben werden. Er ist schriftlich oder zur Niederschrift beim Magistrat der Stadt Lampertheim, Römerstr. 102, 68623 Lampertheim, einzulegen.
Die Widerspruchsfrist ist auch gewahrt, wenn der Widerspruch innerhalb der genannten Frist bei der Widerspruchsbehörde des Kreises Bergstraße, Gräffstr. 5, 64646 Heppenheim, eingelegt wird.
Ein etwa eingelegter Widerspruch hat gem. § 80 Abs. 2 Ziffer 4 der Verwaltungsgerichtsordnung keine aufschiebende Wirkung.
Lampertheim, den 23.05.2024
Der Magistrat der Stadt Lampertheim
Marius Schmidt
(Erster Stadtrat)
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